Wirtschaftswissenschaft (B.Sc.)

Ich habe schon früher an einer Präsenzuni im Bereich der Naturwissenschaften studiert, aber seit Jahren schon als leitender Angestellter in der Verwaltung tätig. Das sagt nun einerseits aus, dass ich den Vergleich zur Präsenzuni ziehen kann, zum Anderen auch, dass ich aus der Praxis komme. Ich studiere, weil ich Neues entdecken will (oder wollte) oder einfach nur zum Zeitvertreib. Ich weiß auch, dass ein wissenschaftliches Studium recht wenig mit der Praxis zu tun hat. Sonst hätte ich auch ein B.A.-Studium gewählt und nicht ein B.Sc.

Im Einzelnen zum Studium

Zielgruppe: Berufstätige, Eltern mit Kindern, Andere, die nicht an einer Präsenzuni studieren können oder wollen. Aber: Ich treffe zu Hauf Leute, die an der Fernuni in Vollzeit studieren, nur weil sie Hotel Mama nicht verlassen wollen. Hey, die Fernuni bietet Euch bestimmt kein so tolles Startbrett wie eine Präsenzuni. Ihr könnt im Fernstudium kaum Kontakte knüpfen, die später im Leben wichtig sind. Auch unterstützt die Fernuni Euch nicht bei Auslandssemestern, die eigentlich für BWLer/Wiwis fast obligatorisch sind. Das sind gleich mal ein paar Nachteile zur Präsenzuni. Wer die Möglichkeit hat, sollte unbedingt an eine Präsenzuni gehen.

Studieninhalte: Bunt gemischt. Von der Auswahl her, sogar umfangreicher als bei mancher Präsenzuni.

Studienmaterial: Das kommt nun auf den Lehrstuhl an. Bereits im ersten Semester hat man mit Skripten zu tun, die völlig veraltet sind, weil sie vom Vorgänger des Lehrstuhlinhabers stammen. Und dann merkt man, dass man diese gar nicht braucht, sondern der Prof lieber seine eigenen Bücher verkaufen möchte. Das ist nun aber kein Fernuni-Problem. Das kenne ich auch von der Präsenzuni. Andere Skripte sind wiederum hervorragend gut und besser als jedes Buch. Generell lässt sich sagen, dass bis auf Ausnahme von zwei Lehrstühlen, keine zusätzliche Literatur nötig ist bzw. gar nicht erwünscht ist, sondern man ohnehin gezwungen wird, das zu sagen, was der Prof. sagt.

Zeitaufwand: Wie man vielleicht schon von Erzählungen anderer kennt, sind Wiwi/BWLer im Gegensatz zu anderen Studierenden wenig im Stress. Das ist optimal um nebenher zu studieren. Von Fach zu Fach ist allerdings der Aufwand unterschiedlich. Von keiner Vorbereitungszeit ("ich probier es mal so ist ja nur MC") bis zu mehrern Wochen. Ich empfehle immer gleich mehrere Module zu belegen, sich die Skripte und alte Klausuren anzuschauen und dann zu entscheiden, worauf man lernen möchte und wie das am besten hinhaut mit dem Zeitbudget. Was etwas aufwendiger ist, merkt man recht schnell. Man ist völlig frei bei der Fernuni. Man kann unendlich lange studieren und sich sogar noch einen Tag vor einer Prüfung von dieser wieder abmelden.
Noch was zum Gejammer von einigen über den Stoffumfang. Ja es gibt einige Fächer, bei denen es viel zu lernen gibt. Das weiß man aber vorher und man muss diese auch nicht belegen. Selbst Auswendiglernfächer wie Personalführung oder Planung lassen sich aber auf 100-200 Karteikarten komprimieren. Das ist ein Stoffumfang, den man sich in ein- oder zwei Wochen vor der Prüfung in den Kopf pumpen kann. Das Basteln der Karten dauert allerdings länger, dank Copy'n'Paste aber machbar. Wie es gibt keine elektronischen Skripte? Man nehme Computer, Scanner und ein OCR-Programm. Fertig! Das habe ich schon vor 15 Jahren gemacht. Dies nur als kleiner Tipp nebenbei.

Betreuung: Naja. Mäßig bis gar nicht vorhanden würde ich da mal sagen. Man klärt am besten die Probleme über Onlineforen. Bei Seminar- und Abschlussarbeiten ist dies allerdings anders und besser als an einer Präsenzuni.

Einsendearbeiten: Pro Modul ist mindestens eine Hausarbeit anzufertigen, mit mal mehr oder weniger Aufwand. Meist muss man etwas aus den Skripten abschreiben. Die EA sind zwar in allen Bachelorstudiengängen vorgeschrieben, Sinn und Zweck ist mir auch am Ende des Studiums unklar. Sie werden allerdings überwiegend rasch korrigiert.

Seminare vor Ort, heißen bei der Fernuni "Mentoriate": Meist sehr gut. Bei Fächern, die man nicht leicht kapiert, sollte man auch teilnehmen. Leider ist dies nicht immer möglich. Da die Fernuni-Niederlassungen in ganz Deutschland verstreut sind und nicht jedes Modul an jedem Ort stattfindet.

Klausurorte: Im Grundstudium große Auswahl, später sieht es Mau aus. Im SS14 waren die Klausurorte Düsseldorf, Potsdam und Passau. Da kommt für manchen neben Klausur- noch Reisestress dazu. Vorallem wenn man wie ich 400 km fahren muss, damit man um 9 morgens eine Klausur schreiben darf.

Seminarplätze bzw. Abschlussarbeiten: Die Anzahl ist begrenzt. Hier muss mit Wartezeiten gerechnet werden. Die eigene Wahl des Themas ist nur auf ein vorgegebene Themenauswahl begrenzt. An der Präsenzuni kann ich meist auch über mein Lieblingsthema frei schreiben.

Preis/Leistung: Natürlich wesentlich günstiger als eine Präsenzuni oder eine private Hochschule.

Noch was zur Verwaltung: Besser und schneller geht es nicht. Bei einer Präsenzuni dauert das Einschreibeprozedere schon einmal ein Semester und dann bekommt man den Zulassungsbescheid erst, wenn das Semester bereits angefangen hat und kann sich dann noch um eine Bleibe kümmern. Das ist momentan Regelfall an den Präsenzunis. Das wurde mir kürzlich von einer Professorin an einer Präsenzuni bestätigt. Dauer der Einschreibung bei der Fernuni: zwei Wochen. Auch Formulare und Nachweise werden binnen 24 Stunden erstellt. Einfach Top!

Ich habe aktuell den Betriebswirt (IWW) abgeschlossen. Den Inhalt und die Präsentation der einzelnen Module habe ich als sehr gut, praxistauglich und aktuell empfunden.
Hilfreich wäre vielleicht die Fortführung von Präsenzveranstaltungen auch im Vertiefungsteil. Wünschen würde ich mir eine Art Kontaktbörse zwischen Studenten und potentiellen Arbeitgebern, die sich auf diesem Wege hoch motivierte, belastbare und flexible Mitarbeiter mit einer Doppelqualifikation sichern könnten.

Ich finde es schade, dass alles sehr anonym ist und man ein wenig allein gelassen wird. Ohne Mitkommilitonen, die ich über Facebook kennen gelernt habe, hätte ich das Studium sicher schon wieder abgebrochen.

Auch das Studienmaterial regt nicht zum Lernen an, schade auch, dass alles wie vor 30 Jahren in Papierform stattfindet, wenig zeitgemäß.

Bisher kann ich über das Studium an der FernUni nur Gutes sagen. Man kann es sich sehr gut einteilen und durch die angebotenen Mentoriate bekommt man auch eine große Unterstützung. Außerdem bekommt jeder, der kein überragendes Abitur gemacht hat, die Chance auf ein Studium!